Wie alles begann…

2011 führte ich ein Interview mit dem Künstlerischen Leiter von HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste Dresden, Dieter Jaenicke, der von den Schwierigkeiten der ersten Jahre seiner Intendanz sprach und am Ende meinte: „Dresden fehlt ein bisschen die zeitgenössische urbane Aufregung.“ Wir kamen auch auf die umfangreiche fotografische Geschichte seines Hauses zu sprechen. In der Tat waren die Elevinnen und Eleven der »Bildungsanstalt für Musik und Rhythmus« ja von Anfang fotografisch begleitet worden, etwa von Frédéric Boissonnas (1858-1946) oder Elfriede Reichelt (1883-1953). Eine Hellerauer Schülerin der ersten Stunde, Mary Wigman, erzählte ich Jaenicke, würde später unter anderem von Charlotte RudolphUrsula RichterAlbert Renger-Patzsch, Eduard Wasow, Siegfried Enkelmann oder Jacob Merkelbach porträtiert werden. Beim Verabschieden beschlossen wir: eigentlich müsste man da mal was machen.


In den folgenden Monaten versuchte ich mich in die fotografische Geschichte von Dresden etwas mehr einzulesen. Die Stadt entwickelte sich im 20. Jahrhundert etwa durch die Ernemann-Werke nicht nur zu einem international bedeutenden Standort der Kameratechnik. Hier blühte parallel auch die künstlerische Fotografie auf, wovon man sich heute im reichhaltigen Archiv der Deutschen Fotothek überzeugen kann, die an der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) ihren Ort gefunden hat.


2015 schließlich riefen Dieter Jaenicke und ich einen neuen Wettbewerb für Porträtfotografie ins Leben, der am Festspielhaus Hellerau seinen Platz finden sollte. Bereits im ersten Jahr beteiligten sich über 500 Fotografinnen und Fotografen; die erste Jahresausstellung des neuen PORTRAITS – Hellerau Photography Award besuchten über zweitausend Gäste. Ein neues Online-Portal sollte damals den Wettbewerb begleiten, stellte ich mir vor; es sollte das fotografische Leben der Landeshauptstadt abbilden und für Neugierige, Fotoliebhaber wie professionelle, künstlerisch arbeitende Fotografen, Verbände und Institutionen ein zentraler Netzwerkknoten werden. In den Jahreskatalogen von PORTRAITS ist »Fotografie in Dresden« denn auch seit 2016 als Partner genannt.


Dennoch sollte es noch bis zur siebten Ausgabe des stetig wachsenden Wettbewerbs, der 2020 Bewerbungen aus 47 (!) Ländern anzog, dauern, bis das neue Portal online gehen konnte. Geglückt ist der Start mit einer Anschubfinanzierung durch die Technischen Sammlungen Dresden, die über die Jahre zahlreiche große städtische Sammlungen, unter anderem die des Museums für Photographie, aufnahmen und seit 1993 in den ehemaligen Ernemann-Werken beheimatet sind, und mit Unterstützung durch die Deutsche Fotothek. Beiden Partnern, namentlich dem Kurator der Technischen Sammlungen Dresden, Dr. Andreas Krase, und dem Leiter der Deutschen Fotothek, Dr. Jens Bove, bin ich sehr dankbar dafür.


Das neue Portal »Fotografie in Dresden« informiert über das zeitgenössische fotografische Leben der Stadt, über aktuelle Ausstellungen, die Aktivitäten der vielen fotografischen Sammlungen und wichtige Neuerscheinungen. Ein inhaltlicher Schwerpunkt ist und bleibt dabei – man verzeihe mir die Voreingenommenheit – der PORTRAITS-Wettbewerb, dessen Jahresausstellung inzwischen von zahlreichen kleineren Satellitenausstellungen in der ganzen Stadt flankiert wird – unter anderem im Fotoforum Dresden, dem innovativen Ausstellungsraum des Forums für zeitgenössische Fotografie Dresden. Hier trifft sich auch, wenn uns das Virus wieder lässt, das kleine Redaktionsteam von »Fotografie in Dresden« jeden Donnerstag, diskutiert die aktuellen Ausstellungen, wälzt Fotobücher, beugt sich beglückt über neue Künstlereditionen und freut sich auf Ihren neugierigen Besuch.


Martin Morgenstern (DGPh)
Gründer und Redakteur

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